Erfahrungsbericht: Awake in the Wild Retreat – Teil 2

Anstatt in einen Flieger zu steigen habe ich den besagten Donnerstagmorgen dann stattdessen genutzt, um alles für das Retreat vorzubereiten. Zur Einstimmung hatten alle Teilnehmer noch eine Liste mitgeschickt bekommen, die über den Ablauf aufklärte und Tipps zur Vorbereitung für eine störungsfreie Zeit zu Hause beinhaltete. Die kommenden vier Tage sollten ja kein Alltag sein, sondern bestmöglich als Retreat genutzt werden, auch wenn man zu Hause war. Also wurden im Garten mehrere Meditationsplätze hergerichtet, ein überdachter Platz auf der Terasse, falls es regnen sollte, zwei Plätze im Grün auf der Wiese und einer im angrenzenden Waldstück, wo das WLAN-Signal gerade noch so hinreichte. Sonst hatte ich mir nichts vorgenommen. Der Abend konnte also kommen.

Es geht los

Um 17:30 wählte ich mich ein, voller Spannung, was mich jetzt erwarten würde. Die erste halbe Stunde stand zur Verfügung, um technische Probleme mit der Zoom-Konferenz in den Griff zu bekommen. Es gab aber keine, und so nutzte der ein oder andere schon die Gelegenheit sich und seine Umgebung kurz vorzustellen, zumindest die, die sich per Video eingeklinkt hatten.

Und dann ging es los. Nach ein paar einführenden Worten durch Mark zum Ablauf fand man sich dann schon direkt in 4er-Gruppen in virtuellen Besprechungsräumen zusammen, um sich zu beschnuppern. Anspruchsvoller Einstieg für mein etwas eingerostetes Englisch, aber die zugeteilten 3 Minuten für 4 Leute sind dann zum Glück doch schnell rum.

Die erste Meditation

Nun starteten wir mit einer ersten Achtsamkeits-Meditation. Unter den sanften, sich einschmeichelnden Worten von Mark sollten wir in die Präsenz des Körpers finden und erste Verbindung mit der Erde aufnehmen. Mark führte uns die ersten Minuten unter ständiger Anleitung, ruhig und mit minimal-invasiver Stimme durch die Meditation, um im Anschluss ausreichend Raum in der Stille zu geben und dann immer wieder vereinzelte Impulse einzustreuen. Dabei wiederholte er seine Anleitung, paraphrasierte Eindrücke und Assoziationen immer wieder neu, so dass sie gut einsinken konnten. Insgesamt dauerte die erste Meditation knapp 45 Minuten. Zum Abschluss der Meditation wurde ein thematisch passendes Gedicht gelesen, das diesen Zyklus schön abgerundet hat. Hängen geblieben ist bei mir seine wunderbare Assoziation Landscape of your body, also die Landschaft, die unseren Körper formt. In späteren Meditationen hat er dieses schöne Bild noch erweitert und die Landschaft des Körpers als Sinnbild der sensorischen Wahrnehmung genommen, die sich durch Sinneseindrücke beständig formt und verändert.

Der Ablauf der Meditationseinheiten sollte die folgenden Tage immer mehr oder weniger diesem Schema folgen: Kurze Einführung, Anleitung, Stille, Impulse und zum Abschluss, manchmal auch zu Beginn ein Gedicht, das das Thema der Meditation unterstreicht, anschließend freiwillige Feedbackrunde.

Den Raum draußen halten

Nach dieser Phase der Orientierung und des Ankommens ging es dann nach draußen. 30 Minuten lang sollten wir mit der Wahrnehmung aus der Meditation draußen laufen und anschließend berichten, wie es uns ergangen war. Also Schuhe angezogen und weg vom Laptop. Für die Feedbackrunde konnte man, wenn man sich mitteilen wollte, seine virtuelle Hand heben. Mark hat dann für die jeweilige Person entsprechend die Stummschaltung aufgehoben, so dass man mit ihm persönlich kommunizieren konnte. Das Gesagte war natürlich auch für alle anderen interessant, die sich nicht mitteilen wollten.

Nach 150 Minuten intensiver Meditationspraxis gab es dann eine 2-stündige Mittagspause, für mich also die Gelegenheit zu Abend zu essen.

Der Klang der Natur

Im zweiten Teil stiegen wir dann ein in die Wahrnehmung von Geräuschen, um uns herum. Eine sehr gut zugängliche und sehr wirkungsvolle Meditationstechnik. Mark führte uns auch hier wieder wie durch ein Traumland, das es zu entdecken galt. Nur das dieses Traumland eben kein Traum, sondern die pure Präsenz war. Unaufgeregt und bildhaft spricht er von der Symphony of Sounds und den Discreet Sounds, die uns umgeben, und die in unser Bewusstsein vordringen durften. Von diesem Moment an bemerkte ich, wie unglaublich eindringlich und vielschichtig seine assoziative Meditationsanleitung wirkte. Es war unaufdringlich und bot zugleich genügend Anknüpfungspunkte, um eine persönliche Erfahrung machen zu können. Keine Suggestion, keine Aufdringlichkeit, sondern genügend Spielraum für die eigene, persönliche Erfahrung.

Die anschließende Feedbackrunde war dann durch Chatnachrichten geprägt, die Mark beantwortete und deren Themen er aufgriff, um etwas dazu zu sagen. Zum Abschluss des ersten Tages wurde es dann noch sehr persönlich, als Mark erzählte, wie er überhaupt zu Naturmeditation gekommen ist. Besonders imponiert hat mir seine Motivation, die nicht mit dem Wunsch der persönlichen Weiterentwicklung endet, sondern dem empfundenen Auftrag folgt, den Erfahrungsraum von Natur im Außen und Innen an andere Menschen weiterzugeben.

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